Indien

Diesen Reisebericht habe ich 2004 geschrieben. Er hat es damals immerhin zu einer Erwähnung im SPIEGEL gebracht. Indien hat sich seit dem stark verändert und manche Feststellungen sind heute vermutlich nicht mehr zutreffend. Die Bilder sind Snapshots eines DV-Videos. Die bescheidene Qualität bitte ich daher zu entschuldigen.


Berufliche Gründe haben mich zwei mal nach Indien verschlagen. Das erste mal 6 Wochen im Herbst 2003 und dann noch einmal 3 Wochen im Frühjahr 2004. Dieser Bericht soll meine durchaus zwiespältigen Erlebnisse und Eindrücke wiedergeben.

Ankunft

Nach einem sehr langen Flug über Amsterdam war ich ziemlich kaputt, als mein Flieger in New Delhi ankam. Nach einer sehr "gründlichen", sprich langsamen, Abfertigung an der Immigration erwarteten mich ca. 5000 Fahrer, die alle sehr kleine Schilder hochhielten und unaufhörlich die Namen der zu befördernden Gäste brüllten. Nach längerem Suchen fand ich dann auch meinen Fahrer.

Kaum hatten wir das Flughafengebäude verlassen, schlug das schwüle indische Klima zu. Dabei hatte ich gelesen, dass der Oktober schon als relativ trocken gilt. Innerhalb weniger Minuten war ich komplett durchgeschwitzt.

Todmüde und glücklich heil angekommen zu sein schlief ich nach einer Flasche Kingfisher Beer in meinem Hotelzimmer ein.

Das Hotel

The Grand Mein Kollege und ich waren im Hotel "The Grand" stationiert. Ein wirklich feines Hotel (5 Sterne), selbst nach europäischen Vorstellungen.

Das Personal war auf bedingungslosen Service getrimmt. Mein Wunsch, meinen Koffer selber ins Zimmer zu befördern, hatte somit keinerlei Chance. Das war wohl in der Ausbildung nicht vorgesehen. Und außerdem bringt's natürlich auch kein Trinkgeld. wenn der Gast sein Gepäck selber transportiert.

 
Im Restaurant Noch härter waren allerdings die Jungens im Restaurant drauf. Im Moment des Aufspießens des letzten Happens vom Teller auf die Gabel sprang wie aus dem Nichts ein Kellner herbei und riss das Porzellan vom Tisch. Hier half nur Teller mit der anderen Hand festhalten.

 

Armut

 
Arbeitercamp auf indisch Unmittelbar vor dem Hotel war eine Baustelle für eine "Autobahn". Die Unterbringung der Arbeiter war der erste richtige Kulturschock. Sie campierten in "Zelten", die aus einer Plastikfolie und ein paar Holzstöcken bestanden. Morgentoilette wurde auf der Straße gehalten. Dieses Elend ging nicht wirklich spurlos an mir vorbei. Im Fernsehen ist doch alles viel abstrakter und weiter weg als in der Realität.

Man muss sich erstmal damit abfinden, dass man jederzeit auf Krüppel und Bettler stoßen kann, die meistens sehr penetrant vorgehen. Ein europäisches "Nein" wird meistens als ein indisches "Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich etwas gebe, aber wenn man noch zehn mal nachfragt, gebe ich gerne etwas" übersetzt.

Zahnärztliche Behandlungen mitten auf der Straße sind für das unvorbereitete europäische Auge schon recht schockierend. Allein die Selbstverständlichkeit mit der vorgegangen wird, wirkte grotesk auf mich. Aber nach ein paar Tagen hatte ich mich auch daran gewöhnt.
 

Verkehr

Der tägliche Stau Jeden Morgen brachte uns ein Fahrer in die Firma. Da das Hotel an einer Straße mit Leitplanke in der Mitte lag und es keine Wendestelle an unserer Einmündung gab, hätte der Fahrer eigentlich zuerst ein Stück in die Richtung fahren müssen, die entgegengesetzt zu unserem Ziel lag und einen halben Kilometer später wenden können. Da ihm das aber zu langwierig war, zog er es vor einfach direkt in den Gegenverkehr einzubiegen und an der nächsten Kreuzung grußlos und mit eingeschaltetem Warnblinker die Fahrbahnseite zu wechseln. Das störte außer uns aber niemanden so wirklich. Wir beschlossen daher im Zusammenhang mit Linksverkehr nur noch von der "bevorzugten" Richtung zu sprechen.

Auf Nachfrage bei unseren indischen Kollegen bestätigte man uns, dass es auch in Indien Führerscheine und dazugehörige Prüfungen gäbe. Dem allgemeinen Fahrverhalten war das allerdings nicht anzumerken.

Interessanterweise ist in Indien ein Mietwagen mit Fahrer für einen Europäer günstiger als ein Mietwagen ohne Fahrer. Grund ist die astronomische Versicherungspolice die im letzteren Fall erhoben wird. Um ehrlich zu sein hätte ich aber auch keinen Bedarf gehabt, selber Auto zu fahren.

Das wichtigste Bauteil an einem indischen Fahrzeug ist die Hupe. Hupen bedeutet konkret gar nichts, außer vielleicht "Hallo, ich bin noch am Leben". Gehupt wird unaufhörlich.

Auch das Konzept der Fahrspur hat sich noch nicht wirklich in Indien durchgesetzt. Wir sind jeden Morgen eine dreispurige Straße entlanggefahren. An einer Kreuzung an der viele Autos rechts abbiegen mussten, bildete man aber ca. 6-7 Spuren. 5 davon für Rechtsabbieger. Aber macht ja nichts, es gibt ja noch den Dreckstreifen neben der Straße, der Bürgersteig, Toilette, Markt und Kuhweide in einem ist.

 

LKW

User Dipper At Night Ein indischer LKW ohne die Aufschrift "Please Horn, Use Dipper At Night" ist kein indischer LKW. Da indische Autobahnen nur über 1½ Spuren verfügen, ist es schon tagsüber ein Abenteuer ein solches Gefährt zu überholen. Nachts geht es wirklich nur mit Hupe plus Lichthupe.

Die Fernstraßen sind mit umgekippten LKWs im Straßengraben gesät. Eine Verlustrate die dem europäischen Reisenden nicht wirklich Mut macht.

 

Rikschas und Kühe

Indische Frauen sitzen grundsätzlich im Damensitz auf dem Moped Das Straßenbild wird durch Rikschas geprägt. Je nach sozialem Niveau der Gegend sind diese motorisiert oder werden durch Muskelkraft betrieben. Hält sich der durchschnittliche Autofahrer schon nicht wirklich an Regeln, fühlen sich Rikschafahrer an diese überhaupt nicht gebunden.

 
Kühe sind täglicher Begleiter im Strassenverkehr Dazwischen tümmeln sich Tiere aller bekannten Gattungen. Am häufigsten Kühe, Hunde aber auch Affen und Schweine.
 

Strom

Stromversorgung auf indisch Strom ist ein ganz spezielles Thema in Indien. Die Stromversorgung wird mehrfach am Tag unterbrochen. Jeder, der es sich leisten kann, hat deshalb einen Generator im Haus. Uns wurde erzählt, dass in den meisten indischen Städten die Haushalte keinen Zähler haben, sondern pauschal nach der Größe der Familie der Verbrauch geschätzt wird. Darüber hinaus scheint "Wilde Verdrahtung" gang und gäbe zu sein.

In dem Bürogebäude, in dem wir gearbeitet haben, gab es zwei Stromkreise. Einer für alle wichtigen Geräte, der wurde bei Stromausfall von einem Generator gespeist. Der andere Stromkreis war für alle Geräte, die man für verzichtbar hielt. Leider gehörte auch unser Drucker dazu.

Weiter geht es mit Trips nach Agra (Taj Mahal), Jaipur und Delhi.